Carbonbeton: Nachhaltigkeit in der Bauindustrie steigt mit innovativen Materialien

18.01.23

Der „Cube“ genannte Bau auf dem Campus der Technischen Universität Dresden (TU Dresden) wurde im September 2022 nach zweieinhalb Jahren Bauzeit als weltweit erstes Gebäude aus Carbonbeton eingeweiht. Damit eröffnen sich für die Bauindustrie ganz neue Aspekte zum Thema Nachhaltigkeit.

Alleine die deutsche Bauindustrie verwendet jährlich rund 70 Millionen Kubikmetern Stahlbeton. Somit steht fest: Ein starker Leichtbauwerkstoff wie Carbonbeton steigert die Nachhaltigkeit in der Bauindustrie.

Im Gegensatz zu Stahlbeton ersetzt bei dem zweistöckigen Forschungsgebäude „Cube“ Carbonbeton die Stahlbewehrung durch Kohlefaserstäbe und -matten. Die resultierende Struktur ist stärker, leichter und kann noch fantasievollere Formen annehmen.

Der Cube vereint zwei Teile: die „Box“ und den „Twist“. Letzterer besteht aus einer Tragschale, einer Dämmschicht und einer Wetterschale und wurde vor Ort mit Spritzbeton und Schalung hergestellt. Die Box hingegen wurde vorgefertigt, was die Einsatzmöglichkeiten des Materials demonstriert.

Vorteile von Carbonbeton

„Der große Vorteil ist, dass man keinen Beton mehr braucht, um den Stahl vor Korrosion zu schützen“, sagt Professor Manfred Curbach. Curbach ist Direktor des Instituts für Massivbau der TU Dresden und Cube-Projektleiter.

Da Carbon etwa viermal leichter und fünf- bis sechsmal stärker als Stahl ist, lässt sich die Betondeckung auf wenige Millimeter und die Wandstärke um bis zu zwei Zentimeter reduzieren, was sehr schlanke und filigrane Formen ermöglicht.

„Wir sparen 50 Prozent Material ein“, sagt Curbach über die Verwendung von Sand, Zement und Wasser in Gebäuden aus Carbonbeton, was insgesamt zu einer Verringerung der CO2-Emissionen um bis zu 70 Prozent führt.

Darüber hinaus weist Carbonbeton eine Lebensdauer von über 200 Jahren auf, verglichen mit 40 bis 80 Jahren bei Stahlbetonkonstruktionen. Da Carbon elektrisch leitfähig ist, können Module aus diesem Material auch mit Zusatzfunktionen wie Dämmung, Heizung oder Überwachung ausgestattet werden, um eine „intelligente Vernetzung“ in Gebäuden zu ermöglichen.

Einsatzmöglichkeiten

Die Bauindustrie in Deutschland wendet die Erfahrungen bereits bei weiteren Neubauten an. In Dresden entsteht z. B. eine Schulturnhalle aus Carbonbeton und in Leipzig soll demnächst ein siebenstöckiges Wohnhaus gebaut werden.

Aber die Möglichkeiten für diese Innovation gehen weit über den Neubau hinaus. Ingenieure und Architekten untersuchen derzeit, wie das neue Material Restaurierungsprojekte unterstützen kann. In Norditalien, wo Erdbeben häufig vorkommen, erforschen Experten, wie Carbonbeton beim Hausbau eine verbesserte seismische Leistung bieten kann.